Dienstag, 17. Dezember 2013

Soon, soon!

Lange ists her.

Vier Berichte schwirren mir mittlerweile im Kopf herum und ich fange hiermit den Fünften an.

  1. Bericht: Der Kurztrip nach Yaounde und die Zeit danach
  2. Bericht: 50,50; Small, small; Soon, soon. Ein kleiner Bericht über mein Leben hier in Bali nach gut vier Monaten
  3. Bericht: Wie erlebt ein Freiwilliger in Kamerun das Weihnachtsfest
  4. Bericht: Rezeptewettkampf, einige Rezepte wurden mittlerweile gekocht, teilweise sogar mehrmals

Und der fünfte: Soon, soon! (zu deutsch: Bald, bald!)

Soon, soon was? Dazu gleich noch eine Liste:

Soon, soon ist alles wieder "normal".
Soon, soon hat unser Viertel Wasser wieder.
Soon, soon ist Dryseason.
Soon, soon hat unser Viertel Elektrizität wieder.
Soon, soon fangen wir mit unserem Gardeninprojekt an.
Soon, soon hat Laura ihr Kleid geschneidert.
Soon, soon, soon, soon, soooooon.

Ich kann es langsam nicht mehr hören!

Uns wurde schon vor unserem Freiwilligendienst empfohlen flexibel, spontan und geduldig zu sein. Das lernt man spätestens hier! Die Taxis warten bis sie voll sind, im Supermarkt werden alle Kunden gleichzeitig bedient, Lieferzeiten werden weniger ernst genommen, regnet es, fällt fast alles flach.

Die Straße zur CPC, einer rennomierten Universität ganz in unserer Nähe, wurde mittlerweile Asphaltiert, zur Zeit laufen die Arbeiten für die Drainage in Hochtouren, fließendes Wasser gibt es aber immer noch nicht.
Vor gut eineinhalb Wochen gab es einen furchterregenden Sturm, Gewitter und starker Wind haben nicht nur einige alte Hütten zum einsturz gebracht, Blechdächer an andere Positionen manövriert und Zäune in fremde Garten gepflanzt, sondern auch reihenweise Transformatoren an ihre Limits gebracht. Die Folge war: keine Elektrizität. An der Hauptstraße entlang und an vielbelebten Punkten Balis wurde schnell Ersatz gefunden und Licht ins Dunkle gebracht, unser Viertel sitzt aber immer noch im Kerzenschein zusammen. Handys werden bei einem Freund aufgeladen, und der Laptopakku für (leider immer nur einen pro Akkuladung) langweilige Momente spätabends benutzt.
Der neue Transformator für unser Viertel ist schon installiert, worauf warten die denn dann noch?
Es regnet und regnet und regnet, wo bleibt die Dryseason? Unsere Nachbarn meinen, so etwas hatten sie noch nie, der Wind kommt von Norden und bringt Regen mit, die agrarabhängige Gesellschaft fürchtet um ihre Ernte und betet für die Trockenzeit. Erst heute sind keine Wolken am Himmel zu sehen, heute soll also die Dryseason anfangen?
Da ich gerade über Ernte schreibe: erst letzte Woche konnten wir mit unserem Gardeningprojekt anfangen, es kam immer etwas dazwischen, der Headmaster war nicht da, die Kinder haben alle ihre Gartenwerkzeuge vergessen, heute sei ein schlechter Zeitpunkt dafür. Jetzt haben wir, mit der Dryseason, aber ein Problem die Pflanzen gewässert zu halten. Fragen über Fragen.
Und zuletzt: Laura hat sich ein Kleid aus einem schicken Stoff schneidern lassen, der Schneider hat aber nach gut zwei Wochen komplett vergessen, wie sie es haben wollte, und auch das Umschneidern nimmt mittlerweile wieder zwei Wochen in Anspruch.

Das mit den Lieferzeiten haben wir jetzt schon öfters gemerkt, es gibt einige sehr zuverlässige Menschen, einige sind in diese Grupper leider nicht einzuordnen. Wie mir aufgefallen ist, liegt das aber nicht daran, dass sie Faul sind oder nicht arbeiten. Sie übernehmen sich nur komplett mit der Planung ihrer Arbeit. Sie nehmen soviele Aufträge an, dass es unmöglich ist, dies und jenes in der Zeit fertigzustellen, rechnen nicht mit "übernatürlichen" Vorkommnissen, wie Regen, Sturm oder Krankheit, versprechen aber immerzu, es in der gesagten Zeit zu schaffen. Dann entschuldigen sie sich lieber im Nachhinein und geben die witzigsten Gründe an, bevor jemand ihnen nachsagen kann, sie arbeiten langsam.

Ich richte mich bei solchen Angelegenheiten immer an eine Sprichwendung die der Rektor der Alphaschule mir in einer Palmweinbar um 11:00 gesagt hat. Sie lautet ungefähr so: "Wenn du zu spät kommst, dann hattest du deinen Grund, eine wichtige Verabredung oder es ist etwas unverhofftes dazwischen gekommen, dann wünscht du dir, dass dir niemand sauer wegen deiner Verspätung ist, also bin ich nicht sauer, wenn sich jemand verspätet." (Nach zwei Gläser Wein klang das sehr viel poetischer)

Auch sagen hier viele: "Die Reichen haben die Uhr, wir haben Zeit" (The Rich own the watch, the poor own the time)

Also geht es doch entspannt in die Weihnachtsferien.
Es ist erstaunlich, wie die Menschen hier das nehmen, was sie haben und das Beste daraus machen. In Deutschland, da bin ich mir sicher, würden die Leute verrückt werden, eineinhalb Wochen ohne Elektrizität und Wasser, die Menschen hier maulen nicht lange und arbeiten weiter.
Die Kinder können sich noch stundenland mit einem alten Reifen und einem Stock beschäftigen, brauchen keinen Fuß- oder Handball, sondern füllen eine alte Socke mit Erde, können Stundenlang mit zwei Farben Bilder malen.

Ich lerne hier das zu schätzen, was ich habe, freue mich immer mehr, einfach nur bei den Nachbarn zu sitzen und zu lernen, wie man Fufu Corn kocht, freue mich darüber, das die Kinder nichtmehr "whiman", sondern "Ni Max" rufen.

Am Freitag fahren Laura und ich nach Douala und ihre Mutter und Schwester abzuholen, komme ich nicht mehr dazu, einen weiteren Artikel zu schreiben: Happy Christmas in advance! (vorträglich Frohe Weihnachten!)

Liebste Grüße aus dem stromlosen Bali!

Bärtiger Max mit Nachbarkind Destiny beim Bemalen von Lauras Flip-Flops