Lange ists her.
Vier Berichte schwirren mir
mittlerweile im Kopf herum und ich fange hiermit den Fünften an.
- Bericht: Der Kurztrip nach Yaounde und die Zeit danach
- Bericht: 50,50; Small, small; Soon, soon. Ein kleiner Bericht über mein Leben hier in Bali nach gut vier Monaten
- Bericht: Wie erlebt ein Freiwilliger in Kamerun das Weihnachtsfest
- Bericht: Rezeptewettkampf, einige Rezepte wurden mittlerweile gekocht, teilweise sogar mehrmals
Und der fünfte: Soon, soon! (zu
deutsch: Bald, bald!)
Soon, soon was? Dazu gleich noch eine
Liste:
Soon, soon ist alles wieder "normal".
Soon, soon hat unser Viertel Wasser
wieder.
Soon, soon ist Dryseason.
Soon, soon hat unser Viertel
Elektrizität wieder.
Soon, soon fangen wir mit unserem
Gardeninprojekt an.
Soon, soon hat Laura ihr Kleid
geschneidert.
Soon, soon, soon, soon, soooooon.
Ich kann es langsam nicht mehr hören!
Uns wurde schon vor unserem
Freiwilligendienst empfohlen flexibel, spontan und geduldig zu sein.
Das lernt man spätestens hier! Die Taxis warten bis sie voll sind,
im Supermarkt werden alle Kunden gleichzeitig bedient, Lieferzeiten
werden weniger ernst genommen, regnet es, fällt fast alles flach.
Die Straße zur CPC, einer rennomierten
Universität ganz in unserer Nähe, wurde mittlerweile Asphaltiert,
zur Zeit laufen die Arbeiten für die Drainage in Hochtouren,
fließendes Wasser gibt es aber immer noch nicht.
Vor gut eineinhalb Wochen gab es einen
furchterregenden Sturm, Gewitter und starker Wind haben nicht nur
einige alte Hütten zum einsturz gebracht, Blechdächer an andere
Positionen manövriert und Zäune in fremde Garten gepflanzt, sondern
auch reihenweise Transformatoren an ihre Limits gebracht. Die Folge
war: keine Elektrizität. An der Hauptstraße entlang und an
vielbelebten Punkten Balis wurde schnell Ersatz gefunden und Licht
ins Dunkle gebracht, unser Viertel sitzt aber immer noch im
Kerzenschein zusammen. Handys werden bei einem Freund aufgeladen, und
der Laptopakku für (leider immer nur einen pro Akkuladung)
langweilige Momente spätabends benutzt.
Der neue Transformator für unser
Viertel ist schon installiert, worauf warten die denn dann noch?
Es regnet und regnet und regnet, wo
bleibt die Dryseason? Unsere Nachbarn meinen, so etwas hatten sie
noch nie, der Wind kommt von Norden und bringt Regen mit, die
agrarabhängige Gesellschaft fürchtet um ihre Ernte und betet für
die Trockenzeit. Erst heute sind keine Wolken am Himmel zu sehen,
heute soll also die Dryseason anfangen?
Da ich gerade über Ernte schreibe:
erst letzte Woche konnten wir mit unserem Gardeningprojekt anfangen,
es kam immer etwas dazwischen, der Headmaster war nicht da, die
Kinder haben alle ihre Gartenwerkzeuge vergessen, heute sei ein
schlechter Zeitpunkt dafür. Jetzt haben wir, mit der Dryseason, aber
ein Problem die Pflanzen gewässert zu halten. Fragen über Fragen.
Und zuletzt: Laura hat sich ein Kleid
aus einem schicken Stoff schneidern lassen, der Schneider hat aber
nach gut zwei Wochen komplett vergessen, wie sie es haben wollte, und
auch das Umschneidern nimmt mittlerweile wieder zwei Wochen in
Anspruch.
Das mit den Lieferzeiten haben wir
jetzt schon öfters gemerkt, es gibt einige sehr zuverlässige
Menschen, einige sind in diese Grupper leider nicht einzuordnen. Wie
mir aufgefallen ist, liegt das aber nicht daran, dass sie Faul sind
oder nicht arbeiten. Sie übernehmen sich nur komplett mit der
Planung ihrer Arbeit. Sie nehmen soviele Aufträge an, dass es
unmöglich ist, dies und jenes in der Zeit fertigzustellen, rechnen
nicht mit "übernatürlichen" Vorkommnissen, wie Regen,
Sturm oder Krankheit, versprechen aber immerzu, es in der gesagten
Zeit zu schaffen. Dann entschuldigen sie sich lieber im Nachhinein
und geben die witzigsten Gründe an, bevor jemand ihnen nachsagen
kann, sie arbeiten langsam.
Ich richte mich bei solchen
Angelegenheiten immer an eine Sprichwendung die der Rektor der
Alphaschule mir in einer Palmweinbar um 11:00 gesagt hat. Sie lautet
ungefähr so: "Wenn du zu spät kommst, dann hattest du deinen
Grund, eine wichtige Verabredung oder es ist etwas unverhofftes
dazwischen gekommen, dann wünscht du dir, dass dir niemand sauer
wegen deiner Verspätung ist, also bin ich nicht sauer, wenn sich
jemand verspätet." (Nach zwei Gläser Wein klang das sehr viel
poetischer)
Auch sagen hier viele: "Die
Reichen haben die Uhr, wir haben Zeit" (The Rich own the watch,
the poor own the time)
Also geht es doch entspannt in die
Weihnachtsferien.
Es ist erstaunlich, wie die Menschen
hier das nehmen, was sie haben und das Beste daraus machen. In
Deutschland, da bin ich mir sicher, würden die Leute verrückt
werden, eineinhalb Wochen ohne Elektrizität und Wasser, die Menschen
hier maulen nicht lange und arbeiten weiter.
Die Kinder können sich noch
stundenland mit einem alten Reifen und einem Stock beschäftigen,
brauchen keinen Fuß- oder Handball, sondern füllen eine alte Socke
mit Erde, können Stundenlang mit zwei Farben Bilder malen.
Ich lerne hier das zu schätzen, was
ich habe, freue mich immer mehr, einfach nur bei den Nachbarn zu
sitzen und zu lernen, wie man Fufu Corn kocht, freue mich darüber,
das die Kinder nichtmehr "whiman", sondern "Ni Max"
rufen.
Am Freitag fahren Laura und ich nach
Douala und ihre Mutter und Schwester abzuholen, komme ich nicht mehr
dazu, einen weiteren Artikel zu schreiben: Happy Christmas in
advance! (vorträglich Frohe Weihnachten!)
Liebste Grüße aus dem stromlosen
Bali!
Bärtiger Max mit Nachbarkind Destiny beim Bemalen von Lauras Flip-Flops |