Da Paul ja noch da war und unser Chef
Patrick uns irgendwann Bafoussam zeigen wollte, entschieden wir vier
uns, die kurze Reise aufzunehmen und nach Bafoussam zu fahren. An der
Hauptstraße trafen wir einen netten Studenten, da die meisten Taxis
vom Zentrum Balis losfahren und in Njenka, unserem Einstiegsort,
schon voll sind, fuhr er kurz mit einem Okada (ein Motorradtaxi) ins
Zentrum und besorgte ein Taxi für uns alle. Angekommen am Hospital
Roundabout in Bamenda, der Ein- und Ausstiegstelle für alle Fahrten
in die Umgebung, fuhren wir dann mit Student zur Bamenda Busstation,
es gießte in strömen und der Student bezahlte nicht nur die
Taxifahrt, sondern zeigte uns auch den Ticketschalter und unseren Bus
nach Bafoussam.
Wir wurden „gewarnt“, wir sollten
auf die Interaktion und Umgehensweise mit Fremden aufpassen. In
großen Städten dreht sich viel um Geld, und Weiße werden durch
Fernsehen und Medien immer als reich dargestellt. Der Warnung nach
freunden sich deshalb einige mit dir an, um Gegenleistungen zu sehen,
geben dir ein Bier aus, um zwei zurückzubekommen und so weiter.
Das Gefühl hatte ich bei dem netten
Studenten ganz und gar nicht, er hat uns nicht nach unseren Namen,
Adressen oder Handynummern gefragt, wollte keine Gegenleistung und
war total erfreut uns und unsere Geschichte zu hören. Es blieb bei
einem netten Tschüss und er wünschte uns eine schöne Reise.
Die Reise in dem öffentlichen Bus war
… sagen wir es knackig ;) Es regnete immer noch, das tat dem
Überfahren der Schlaglöcher mit ungefähr 120 km/h aber keinen
Abbruch. Drei Stunden sollte die Fahrt durch die Berge, über schöne
Landschaften und durch einigen Polizeikontrollen dauern, in guten
zweieinhalb standen wir inmitten Bafoussam. Und diese zweieinhalb
Stunden reichen schon und ich verstehe kein Wort mehr. Jetzt heißt
es zu den unzähligen Straßenverkäufern nicht mehr „No, thank
you“ sondern „No, merci“. Lea war mir so nett und brachte mir
„Je ne parle pas le francais“, also „Ich spreche kein
französisch“, bei. Selbst die Fahrt zum King's Palace zur Pauls
Wohnung hätte ich wahrscheinlich nicht arrangieren können.
(Das Blödeste was mir mit dieser
Sprachbarriere passiert ist, ist wohl das Antworten mit „Bonjour“
auf „la belle blanche“ … der Kerl hat komisch geguckt ;) )
Hunger macht erfinderisch, also gab es
zum Abend Baguette belegt mit gebratenen Spaghetti in Ei, welches wir
so auch am Busbahnhof von Bamenda gesehen hatten. Dazu noch
Avocadocreme und Streichkäse. Getrunken wurde Tee oder Wasser aus
dem Wasserfilter.
Pauls eigene Treppe |
Und irgendetwas von dem da oben
genannten (ich vermute mal die Avocado!!!) lies mich den nächsten
Tag lange lange schlafen, ich war krank. Mit Übelkeit und ohne Power
verbrachte ich meine ersten Krankheitstag in Kamerun in Pauls Bett in
einer fremden Stadt mit einer fremden Sprache. Bafoussam sammelte
Unsympathien, eine Menge negative Punkte die sich dort anhäufen.
Patrick bewertete meine
Bettlägerichkeit mit einem lachenden „Welcome to Cameroon, hehe“.
Das war auch schon alles was ich von
diesem Donnerstag mitbekommen habe, ich hab gepennt und gepennt.
Am Freitag sollte es dann zurück nach
Bali gehen, der Elektriker sollte kommen und wir bekamen selber
Besuch. Extra früh aufgestanden, extra schnell gefrühstückt, extra
schnell am Busbahnhof gewesen für: eine Stunde warten am Bahnhof.
Der Bus kommt eben dann wenn er kommt, bin ich in Eile und verhalte
mich hektisch und genervt, dann kommt er eben noch eine halbe Stunde
später. Man lernt eine gewisse kamerunische Ruhe lernen und lieben,
auch eine Stunde stehen machen mir mittlerweile gar nichts mehr (und
ich bin erst zwei Wochen hier!!!).
Dann die ganze Strecke zurück, mit 23
Leuten, davon vier Kleinkinder, über die Polizeikontrollen, die
Landschaft, die Berge, den Busbahnhof in Bamenda, Hospital Roundabout
und Njenka. Da sitzen sie schon, vier Besucher aus Kumbo. Wenn ich
mich recht erinnere, dann standen da eigentlich nur drei, Charlotts
Okadafahrer war übereifrig und brachte sie angeblich direkt zu
unserem Haus. Wo war Charlott also, so ganz ohne Handy und Ahnung wo
was ist in Bali?
Sie war wirklich bei uns zuhause, der
Okadafahrer war so nett und hat sie direkt vor unserem Haus
abgestellt.
So hatten wir also schön Besuch von
Pauline, Jule, Moritz und Charlott, tranken ein bisschen Bier und
Wein, aßen gemeinsam und ließen den Abend gemütlich mit unserer
Nachbarin Ernestine ausklingen.
Lecker Frühstücken, auf dem größten Tisch der Welt, der Boden. In der Cola-Flasche ist nebenbei Honig! |
Lea und Lauri waren so froh über
diesen Besuch, dass auch sie sich einen Tag im Bett freinahmen.
„Welcome to Cameroon, hehe“ sagte Patrick mal wieder... jaja
willkommen, ich bin doch schon daha!
Dann nimmt man sich eben zwei andere
Mädels, nämlich Pauline und Jule, und zeigt denen Bali. Dort ist
der Markt, hier das Zentrum, hier ist der Palast des Fons.
Was ist ein Fon? Ein Fon (woher der
Name kommt weiß ich gar nicht genau...) ist der traditionelle
„König“ einer Kulturgruppe. Noch vor wenigen hundert Jahren gab
es einen großen Bürgerkrieg in Kamerun, die Balianer ergriffen die
Flucht und suchten eine neue Region. Eine Frau namens Nanyonga führte
ihr Volk dann zu dem Feld, wo heute der Palast des Fons von Bali
steht. Dort wurde Bali gegründet und der jetzige Fon ist der fünfte.
Dieses Chiefdom (so heißt es, auch Fondom) ist stark respektiert und
wird deshalb auch vom Staat und der Regierung akzeptiert und als
Gewalt benutzt. Ein Volk hört auf seinen Fon und seine Anweisungen.
Immanuel, der Rezeptionist des Fons
führte uns kurzerhand durch den Palast und erklärte uns die
Verhaltensweisen im Palast. Mit Flip-Flops reinzugehen ist zum
Beispiel nicht erlaubt, um zum Fon zu gelangen muss man ihn erst
durch Klatschen seine Aufmerksamkeit erlangen und in der Anwesenheit
des Fons läuft man gebückt,bis er einen gestattet gerade zu laufen.
Darauf erzählte uns Immanuel, den wir
anrufen müssen, falls wir mit dem Fon sprechen möchten, kurz die
Geschichte Balis und die Funktionsweise der traditionellen Gewalt.
Am Dienstag kam Patrick, um mit uns die
zukünftigen Projekte und unseren Stundenplan mit uns zu besprechen.
Dazu mehr im nächsten Post.
Darauf ging es zur Vorstellungsrunde an
den sieben Schulen und einigen wichtigen Autoritäten.
Die Vorstellungen liefen alle ungefähr
so ab: Wir sind die neuen Freiwilligen, Laura und Max, das ist Lea,
sie wird in Batibo leben und arbeiten, und eine kurze Vorstellung der
angepeilten Projekte. Vier Schulen in Njenka und im Zentrum Bali
wurden abgeklappert, der Bürgermeister war nicht anzutreffen, also
stellten wir uns beim Sekretär vor, dann der Zuständige für die
Grundschulen und Mittelstufen, den Inspector of basic education. Er
hatte sich gedacht, dass wir doch auch an der Schule unterrichten
könnten, an der er selbst als Kind war, also fuhren wir ca. 15km
auswärts, immer noch in Bali, um seiner Schule und den Lehrern
vorgestellt zu werden. Und die Lehrer waren froh, das kann ich euch
erzählen. Zuerst wussten sie nicht recht, was sie mit den drei
Weißen machen sollen, als sie dann hörten, wir würden zukünftig
auch an ihrer Schule unterrichten, fingen sie an zu singen und zu
rufen. In ihren Augen konnte man ernsthafte Freude sehen, sie
begrüßten uns herzlich mit Handschlag und Danken. Auch der Direktor
der Schule war sprachlos als er von uns erfuhr. Das war ein schönes
Gefühl, so nett und freudig empfangen zu werden. Da dürfen wir
jetzt also jeden Freitag hin, die Fahrt wird uns zum Glück bezahlt.
Nach einem netten Bier mit dem Inspector und einem Direktor einer anderen Schule um 12 Uhr fuhren
wir wieder zurück nach Bali Zentrum.
Die Schultour war aber noch nicht
vorbei und als wir dann ziemlich kaputt und müde zu Hause ankamen,
hatten wir am Donnerstag noch zwei weitere Schulen und den
zuständigen Politiker für Bali vor uns.
Am nächsten Tag, etwas verregnet und
grau, ging es dann zu Regierungsschule in Njenka. Und das Njenka
größer ist als gedacht, erfuhren wir über den ca. 20 Minuten
langen Fußmarsch durch den Urwald durch. Diese Schule steht auf
einem Plateau mit herrlicher Aussicht, der Schulleiter ist sehr nett
und offen für uns. Wir wurden natürlich gleich wieder allen freudig
vorgestellt, lernten Lehrer und Schüler kennen und eine Lehrerin
hätte für mich sogar eine Tochter zum heiraten. Alles ist
abgesichert hier ;) (Kuss an Caro!)
Die letzte Schule, mit sehr jungem
Schulleiter hat mir bis jetzt am besten gefallen, alle Kinder kamen
raus, stellten sich auf den Hof in Reih und Glied, begrüßten uns
mit Gesang und Tanz. Und das alles komplett spontan.
Der zuständige Politiker, der
Subdivisional Officer of Bali Subdivision (D.O.), war leider in einer
Besprechung und hatte erst am nächsten Tag um 10 Uhr Zeit für uns.
Nach Hause, Schlafen, Aufstehen und wieder zu viert auf einem Okada
zum D.O.
Und dann das: Der Politiker erzählt
uns kurz und knackig über das politische System Kameruns, seine
Rolle, die Rollen der anderen Autoritäten, des Fons, eine kurze
Geschichte, sichert und Unterstützung und Sicherheit zu, nebenbei
Smalltalk und ein paar Handyanrufe. „Life is easy, why should I
make it difficult?“. So ungefähr seine Lebenseinstellung. Er sagte
uns wir sollen Spaß haben, Bierchen trinken, wenn uns Bierchen
angeboten werden, Tänzchen tanzen, wenn wir tanzen wollen, lud uns
ein, in seinem Haus zu speißen an einem wichtigen Tag in Bali
(welcher, kann ich nicht ganz reproduzieren), fragte uns ob wir denn
nicht einen netten Kameruner oder Kamerunerin heiraten wollen, und
wenn wir für immer in Bali leben wollen, so sollen wir das gerne
tun.
Zusätzlich gab er uns seine Nummer,
und die Nummern von Polizei und der Brigade. Wenn irgendetwas sein
sollte, sollen wir ihn oder die ihm Untergestellten anrufen und es
wird geklärt.
Der Ba D.O. ist meiner Meinung nach
eine super nette Person, mit der ich gerne gesprochen habe und froh
bin, mich ihm vorgestellt zu haben.
Ba D.O. Es gibt in Kamerun
„Respekttitel“ wie Herr und Frau in Deutschland. Besonders ältere
Personen werden mit Ni und Ma angesprochen. Also Ma Laura und Ni Max.
Noch mehr Respekt zollt man Personen indem man ein Ba vor ihren Namen
setzt, in dem Fall also Ba Kamara Divine Kamara. Aber auch Aunt Laura
und Uncle Max sind ein Zeichen des Respekts und werden besonders von
Kindern gebraucht.
Noch in dem Büro des D.O. kamen eine
Peacecorp-Freiwillige und eine Mami (Mamis sind alle älteren Damen)
dazu und der D.O. erzählte ihnen ungefähr das gleiche. Diese
Freiwillige kommt aus den Vereinigten Staaten von Amerika und ist
eine ehemalige Lehrerin, also auch schon eine Mami. Sie wird in
Zukunft in einer Bank arbeiten, weiß aber auch noch nicht so recht,
was und wie.
Carter, das ist ihr Name, ist
jedenfalls sehr nett und wohnt sogar in unserer Nähe.
Wir fuhren dann auch gleich mit den
beiden Mamis mit und versuchten uns bei Polizei und Brigade
vorzustellen, die wichtigen Personen waren aber jeweils nicht
anzutreffen.
Schon ist ein Tag vorbei und man sitzt
in seinem Haus und wartet auf den Elektriker und das fließende
Wasser. Patrick hat uns zugesichert, dass das Wasser „very, very
soon“ zum laufen gebracht wird. Wir haben jedenfalls für heute
unsere Vorräte aufgebraucht und warten nun auf unsere Nachbarin, die
uns mal wieder dabei hilft an Wasser zu kommen. Das nimmt schon
einiges der Energie in kauf, sich um Wasser zu kümmern. Unser
Gesammeltes Wasser verstauen wir in 1,5Liter PET-Flaschen. Das ist
der einfachste Weg viel Wasser handlich aufzubewahren, zeigt aber
auch an den leeren Flaschen, wieviel man täglich wirklich
verbraucht, und das ist eine Menge. Mittlerweile kann ich schon mit
einer Hand voll Wasser duschen und mit einem halben Liter zwei Liter
Suppe zaubern, macht mir das mal einer nach ;)
Das waren die Erlebnisse der letzten
Tage, wir warten jetzt noch auf Besuch von Pauline, Jule und
Charlott, um dann morgen im geliebten Bafoussam Jamilas Geburtstag zu
feiern.
Ich hab einen Post ergänzt, den ich
eigentlich schon länger schreiben wollte und versuche jetzt noch die
alten Posts mit Bildern zu bestücken.
Ich hoffe euch geht es allen gut, mir
geht es Bombe hier ;)
1 Kommentar:
Schön zu hören, dass es dir so gut geht und du von vielen hilfsbereiten, lieben Menschen umgeben bist! :)
Liebste Grüße!
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