Donnerstag, 5. September 2013

„Je ne parle pas le francais"

Da Paul ja noch da war und unser Chef Patrick uns irgendwann Bafoussam zeigen wollte, entschieden wir vier uns, die kurze Reise aufzunehmen und nach Bafoussam zu fahren. An der Hauptstraße trafen wir einen netten Studenten, da die meisten Taxis vom Zentrum Balis losfahren und in Njenka, unserem Einstiegsort, schon voll sind, fuhr er kurz mit einem Okada (ein Motorradtaxi) ins Zentrum und besorgte ein Taxi für uns alle. Angekommen am Hospital Roundabout in Bamenda, der Ein- und Ausstiegstelle für alle Fahrten in die Umgebung, fuhren wir dann mit Student zur Bamenda Busstation, es gießte in strömen und der Student bezahlte nicht nur die Taxifahrt, sondern zeigte uns auch den Ticketschalter und unseren Bus nach Bafoussam.

Wir wurden „gewarnt“, wir sollten auf die Interaktion und Umgehensweise mit Fremden aufpassen. In großen Städten dreht sich viel um Geld, und Weiße werden durch Fernsehen und Medien immer als reich dargestellt. Der Warnung nach freunden sich deshalb einige mit dir an, um Gegenleistungen zu sehen, geben dir ein Bier aus, um zwei zurückzubekommen und so weiter.
Das Gefühl hatte ich bei dem netten Studenten ganz und gar nicht, er hat uns nicht nach unseren Namen, Adressen oder Handynummern gefragt, wollte keine Gegenleistung und war total erfreut uns und unsere Geschichte zu hören. Es blieb bei einem netten Tschüss und er wünschte uns eine schöne Reise.

Die Reise in dem öffentlichen Bus war … sagen wir es knackig ;) Es regnete immer noch, das tat dem Überfahren der Schlaglöcher mit ungefähr 120 km/h aber keinen Abbruch. Drei Stunden sollte die Fahrt durch die Berge, über schöne Landschaften und durch einigen Polizeikontrollen dauern, in guten zweieinhalb standen wir inmitten Bafoussam. Und diese zweieinhalb Stunden reichen schon und ich verstehe kein Wort mehr. Jetzt heißt es zu den unzähligen Straßenverkäufern nicht mehr „No, thank you“ sondern „No, merci“. Lea war mir so nett und brachte mir „Je ne parle pas le francais“, also „Ich spreche kein französisch“, bei. Selbst die Fahrt zum King's Palace zur Pauls Wohnung hätte ich wahrscheinlich nicht arrangieren können.
(Das Blödeste was mir mit dieser Sprachbarriere passiert ist, ist wohl das Antworten mit „Bonjour“ auf „la belle blanche“ … der Kerl hat komisch geguckt ;) )

Hunger macht erfinderisch, also gab es zum Abend Baguette belegt mit gebratenen Spaghetti in Ei, welches wir so auch am Busbahnhof von Bamenda gesehen hatten. Dazu noch Avocadocreme und Streichkäse. Getrunken wurde Tee oder Wasser aus dem Wasserfilter.

Pauls eigene Treppe


Und irgendetwas von dem da oben genannten (ich vermute mal die Avocado!!!) lies mich den nächsten Tag lange lange schlafen, ich war krank. Mit Übelkeit und ohne Power verbrachte ich meine ersten Krankheitstag in Kamerun in Pauls Bett in einer fremden Stadt mit einer fremden Sprache. Bafoussam sammelte Unsympathien, eine Menge negative Punkte die sich dort anhäufen.
Patrick bewertete meine Bettlägerichkeit mit einem lachenden „Welcome to Cameroon, hehe“.
Das war auch schon alles was ich von diesem Donnerstag mitbekommen habe, ich hab gepennt und gepennt.
Am Freitag sollte es dann zurück nach Bali gehen, der Elektriker sollte kommen und wir bekamen selber Besuch. Extra früh aufgestanden, extra schnell gefrühstückt, extra schnell am Busbahnhof gewesen für: eine Stunde warten am Bahnhof. Der Bus kommt eben dann wenn er kommt, bin ich in Eile und verhalte mich hektisch und genervt, dann kommt er eben noch eine halbe Stunde später. Man lernt eine gewisse kamerunische Ruhe lernen und lieben, auch eine Stunde stehen machen mir mittlerweile gar nichts mehr (und ich bin erst zwei Wochen hier!!!).
Dann die ganze Strecke zurück, mit 23 Leuten, davon vier Kleinkinder, über die Polizeikontrollen, die Landschaft, die Berge, den Busbahnhof in Bamenda, Hospital Roundabout und Njenka. Da sitzen sie schon, vier Besucher aus Kumbo. Wenn ich mich recht erinnere, dann standen da eigentlich nur drei, Charlotts Okadafahrer war übereifrig und brachte sie angeblich direkt zu unserem Haus. Wo war Charlott also, so ganz ohne Handy und Ahnung wo was ist in Bali?
Sie war wirklich bei uns zuhause, der Okadafahrer war so nett und hat sie direkt vor unserem Haus abgestellt.
So hatten wir also schön Besuch von Pauline, Jule, Moritz und Charlott, tranken ein bisschen Bier und Wein, aßen gemeinsam und ließen den Abend gemütlich mit unserer Nachbarin Ernestine ausklingen.
Lecker Frühstücken, auf dem größten Tisch der Welt, der Boden. In der Cola-Flasche ist nebenbei Honig!


Lea und Lauri waren so froh über diesen Besuch, dass auch sie sich einen Tag im Bett freinahmen. „Welcome to Cameroon, hehe“ sagte Patrick mal wieder... jaja willkommen, ich bin doch schon daha!

Dann nimmt man sich eben zwei andere Mädels, nämlich Pauline und Jule, und zeigt denen Bali. Dort ist der Markt, hier das Zentrum, hier ist der Palast des Fons.

Was ist ein Fon? Ein Fon (woher der Name kommt weiß ich gar nicht genau...) ist der traditionelle „König“ einer Kulturgruppe. Noch vor wenigen hundert Jahren gab es einen großen Bürgerkrieg in Kamerun, die Balianer ergriffen die Flucht und suchten eine neue Region. Eine Frau namens Nanyonga führte ihr Volk dann zu dem Feld, wo heute der Palast des Fons von Bali steht. Dort wurde Bali gegründet und der jetzige Fon ist der fünfte. Dieses Chiefdom (so heißt es, auch Fondom) ist stark respektiert und wird deshalb auch vom Staat und der Regierung akzeptiert und als Gewalt benutzt. Ein Volk hört auf seinen Fon und seine Anweisungen.

Immanuel, der Rezeptionist des Fons führte uns kurzerhand durch den Palast und erklärte uns die Verhaltensweisen im Palast. Mit Flip-Flops reinzugehen ist zum Beispiel nicht erlaubt, um zum Fon zu gelangen muss man ihn erst durch Klatschen seine Aufmerksamkeit erlangen und in der Anwesenheit des Fons läuft man gebückt,bis er einen gestattet gerade zu laufen.
Darauf erzählte uns Immanuel, den wir anrufen müssen, falls wir mit dem Fon sprechen möchten, kurz die Geschichte Balis und die Funktionsweise der traditionellen Gewalt.

Am Dienstag kam Patrick, um mit uns die zukünftigen Projekte und unseren Stundenplan mit uns zu besprechen. Dazu mehr im nächsten Post.
Darauf ging es zur Vorstellungsrunde an den sieben Schulen und einigen wichtigen Autoritäten.
Die Vorstellungen liefen alle ungefähr so ab: Wir sind die neuen Freiwilligen, Laura und Max, das ist Lea, sie wird in Batibo leben und arbeiten, und eine kurze Vorstellung der angepeilten Projekte. Vier Schulen in Njenka und im Zentrum Bali wurden abgeklappert, der Bürgermeister war nicht anzutreffen, also stellten wir uns beim Sekretär vor, dann der Zuständige für die Grundschulen und Mittelstufen, den Inspector of basic education. Er hatte sich gedacht, dass wir doch auch an der Schule unterrichten könnten, an der er selbst als Kind war, also fuhren wir ca. 15km auswärts, immer noch in Bali, um seiner Schule und den Lehrern vorgestellt zu werden. Und die Lehrer waren froh, das kann ich euch erzählen. Zuerst wussten sie nicht recht, was sie mit den drei Weißen machen sollen, als sie dann hörten, wir würden zukünftig auch an ihrer Schule unterrichten, fingen sie an zu singen und zu rufen. In ihren Augen konnte man ernsthafte Freude sehen, sie begrüßten uns herzlich mit Handschlag und Danken. Auch der Direktor der Schule war sprachlos als er von uns erfuhr. Das war ein schönes Gefühl, so nett und freudig empfangen zu werden. Da dürfen wir jetzt also jeden Freitag hin, die Fahrt wird uns zum Glück bezahlt.
Nach einem netten Bier mit dem Inspector und einem Direktor einer anderen Schule um 12 Uhr fuhren wir wieder zurück nach Bali Zentrum.
Die Schultour war aber noch nicht vorbei und als wir dann ziemlich kaputt und müde zu Hause ankamen, hatten wir am Donnerstag noch zwei weitere Schulen und den zuständigen Politiker für Bali vor uns.

Am nächsten Tag, etwas verregnet und grau, ging es dann zu Regierungsschule in Njenka. Und das Njenka größer ist als gedacht, erfuhren wir über den ca. 20 Minuten langen Fußmarsch durch den Urwald durch. Diese Schule steht auf einem Plateau mit herrlicher Aussicht, der Schulleiter ist sehr nett und offen für uns. Wir wurden natürlich gleich wieder allen freudig vorgestellt, lernten Lehrer und Schüler kennen und eine Lehrerin hätte für mich sogar eine Tochter zum heiraten. Alles ist abgesichert hier ;) (Kuss an Caro!)
Die letzte Schule, mit sehr jungem Schulleiter hat mir bis jetzt am besten gefallen, alle Kinder kamen raus, stellten sich auf den Hof in Reih und Glied, begrüßten uns mit Gesang und Tanz. Und das alles komplett spontan.
Der zuständige Politiker, der Subdivisional Officer of Bali Subdivision (D.O.), war leider in einer Besprechung und hatte erst am nächsten Tag um 10 Uhr Zeit für uns. Nach Hause, Schlafen, Aufstehen und wieder zu viert auf einem Okada zum D.O.
Und dann das: Der Politiker erzählt uns kurz und knackig über das politische System Kameruns, seine Rolle, die Rollen der anderen Autoritäten, des Fons, eine kurze Geschichte, sichert und Unterstützung und Sicherheit zu, nebenbei Smalltalk und ein paar Handyanrufe. „Life is easy, why should I make it difficult?“. So ungefähr seine Lebenseinstellung. Er sagte uns wir sollen Spaß haben, Bierchen trinken, wenn uns Bierchen angeboten werden, Tänzchen tanzen, wenn wir tanzen wollen, lud uns ein, in seinem Haus zu speißen an einem wichtigen Tag in Bali (welcher, kann ich nicht ganz reproduzieren), fragte uns ob wir denn nicht einen netten Kameruner oder Kamerunerin heiraten wollen, und wenn wir für immer in Bali leben wollen, so sollen wir das gerne tun.
Zusätzlich gab er uns seine Nummer, und die Nummern von Polizei und der Brigade. Wenn irgendetwas sein sollte, sollen wir ihn oder die ihm Untergestellten anrufen und es wird geklärt.
Der Ba D.O. ist meiner Meinung nach eine super nette Person, mit der ich gerne gesprochen habe und froh bin, mich ihm vorgestellt zu haben.

Ba D.O. Es gibt in Kamerun „Respekttitel“ wie Herr und Frau in Deutschland. Besonders ältere Personen werden mit Ni und Ma angesprochen. Also Ma Laura und Ni Max. Noch mehr Respekt zollt man Personen indem man ein Ba vor ihren Namen setzt, in dem Fall also Ba Kamara Divine Kamara. Aber auch Aunt Laura und Uncle Max sind ein Zeichen des Respekts und werden besonders von Kindern gebraucht.

Noch in dem Büro des D.O. kamen eine Peacecorp-Freiwillige und eine Mami (Mamis sind alle älteren Damen) dazu und der D.O. erzählte ihnen ungefähr das gleiche. Diese Freiwillige kommt aus den Vereinigten Staaten von Amerika und ist eine ehemalige Lehrerin, also auch schon eine Mami. Sie wird in Zukunft in einer Bank arbeiten, weiß aber auch noch nicht so recht, was und wie.
Carter, das ist ihr Name, ist jedenfalls sehr nett und wohnt sogar in unserer Nähe.

Wir fuhren dann auch gleich mit den beiden Mamis mit und versuchten uns bei Polizei und Brigade vorzustellen, die wichtigen Personen waren aber jeweils nicht anzutreffen.
Schon ist ein Tag vorbei und man sitzt in seinem Haus und wartet auf den Elektriker und das fließende Wasser. Patrick hat uns zugesichert, dass das Wasser „very, very soon“ zum laufen gebracht wird. Wir haben jedenfalls für heute unsere Vorräte aufgebraucht und warten nun auf unsere Nachbarin, die uns mal wieder dabei hilft an Wasser zu kommen. Das nimmt schon einiges der Energie in kauf, sich um Wasser zu kümmern. Unser Gesammeltes Wasser verstauen wir in 1,5Liter PET-Flaschen. Das ist der einfachste Weg viel Wasser handlich aufzubewahren, zeigt aber auch an den leeren Flaschen, wieviel man täglich wirklich verbraucht, und das ist eine Menge. Mittlerweile kann ich schon mit einer Hand voll Wasser duschen und mit einem halben Liter zwei Liter Suppe zaubern, macht mir das mal einer nach ;)

Das waren die Erlebnisse der letzten Tage, wir warten jetzt noch auf Besuch von Pauline, Jule und Charlott, um dann morgen im geliebten Bafoussam Jamilas Geburtstag zu feiern.

Ich hab einen Post ergänzt, den ich eigentlich schon länger schreiben wollte und versuche jetzt noch die alten Posts mit Bildern zu bestücken.

Ich hoffe euch geht es allen gut, mir geht es Bombe hier ;)

1 Kommentar:

Isa :) hat gesagt…

Schön zu hören, dass es dir so gut geht und du von vielen hilfsbereiten, lieben Menschen umgeben bist! :)
Liebste Grüße!