Samstag, 22. März 2014

2. Halbzeit

18.02.2014, mittlerweile ist der 18.03 schon vorbeigerauscht, das ist das Datum meiner Halbzeit. Sechs Monate sind meine Mitfreiwilligen und ich damit schon hier, in den verschiedensten Ecken von Kamerun. Heute am 21.03. sind wir also schon im achten Monat. Lea meint gerade es seien noch 19 oder 20 Wochen bis zu unserer Ausreise.
Ich werde gerade ein bisschen melancholisch, da auch eine etwas traurige Melodie im Hintergrund dudelt, eine kleine Träne läuft über meine linke Wange.

Genau wie beim Fußball auch (ist es noch Fußball oder Fussball nach der Rechtschreibreform?) haben wir zur Halbzeit eine kleine Pause bekommen, das Zwischenseminar in Yaounde stand an.

Das Zwischenseminar


Quasseln...
Es hieß mal wieder den Rucksack zu packen und den Bus zur Haupstadt zu nehmen, diesmal bekamen wir aber Luxus pur, unser Freund Florian, ein deutscher Doktor, musste genau in jener Woche auch nach Yaounde, wir bepackten also eher den Jeep mit Klimaanlage, eigenen Sitzen und nettem Driver und rauschten mit einigen Umwegen, dazu gehörten: Verfahren, Wasserfall anschauen, lecker Ziegenfleisch essen, rumirren in Yaounde, zu einem Mitfreiwilligen in Yaounde. Alexander hat uns schon einmal in Bali besucht, ist ein netter, zuvorkommender Franke (vielleicht finde ich ihn daher so Sympathisch, meine Familie mütterlicherseits hat sich auch in der schönen Umgebung Nürnbergs niedergelassen), und versprach uns, bei seiner Gastfamilie unterkommen zu können.
Der Gastvater fuhr zusammen mit uns sogar noch eine gute Stunde durch Yaounde, um gegrillten Fisch zu kaufen. Am nächsten Tag sogar ganz selbstlos bis ans andere Ende der Stadt, um uns zum Seminarhaus zu bringen.


...essen...
...malen...



Das Seminarhaus, eine Ansammlung von schicken, weißen Häusern an einem stark abfälligen Bergchen, das Gelände nach dem Einkauf zu erklimmen war immer wieder eine Qual, auch das Auto des Gastvaters durften wir den Berg hochschieben, der Motor hatte es alleine nicht geschafft.
Diese Lage hatte Vor- und Nachteile: ein Vorteil war die Ruhe, wir waren wirklich ungestört und trotzdem nicht weit von der nächsten Bar entfernt. Der große Nachteil war dann das Wasser. Wasser muss den Berg genauso erklimmen, wie wir auch. Deshalb kam das Wasser nur dann und wann mal, wenn genug Druck auf der Leitung war: um sechs Uhr morgens und Abends.

Ein großteil unser „Kamerun-Familie“, alle IB-Freiwilligen, war schon da, es wurde sich umarmt, geküsst und Scherze über die so plötzliche Gewichtszunahme gemacht (wobei eigentlich nur ich darüber scherzte, ich bin der einzige der an Gewicht verloren hat).
...spielen...
Einige Freiwilligen hatten wir schon seit einem halben Jahr nicht mehr gesehen, umso größer war die Freude zu sehen, dass alle sind noch genauso bekloppt sind wie eh und jeh.

Das Seminar war wieder wie ein IB Seminar eben so ist: Die Nachfrage bestimmt das Programm. Nach Einleitung und Organisatorischem kam also gleich die Frage, mit welchen Themen wir uns denn befassen wollen.



Fundraising, Spenden sammeln, war ein Thema. Um uns zu sensibilisieren führten wir ein Rollenspiel nach der Fishbowl-Methode durch: Ein Freiwilliger, ein Spender, ein Spendenempfänger (Ngo-Gründer, Schulleiter), ein Mitarbeiter des Empfängers und ein Kind, bei dem die Spenden ankommen sollten, sollten ihre Position zum Thema Spenden in einer Gruppendiskussion verteidigen.
...bei Tag und...
Eine Musterlösung gibt es natürlich nicht, aber diese Gruppendiskussion lädt zum Nachdenken über Spenden und die Erwartungshaltung gegenüber dem Freiwilligen ein.

Weiter Themen waren eine kleine Antirassismuseinheit, Sensibilisierung für Berichte nach Hause, „Probleme im Projekt, wo stehe ich in meinem Projekt“, „Was habe ich erreicht und was möchte ich noch erreichen?“, dazu waren zwei Referenten, Michael und Duplex, da um zu berichten, welche Projekte möglich und sinnvoll durchzusetzten sind, und ein Themenblock über Gewalt im Projekt.
...bei Nacht. Bei unserem Zwischenseminar in Yaounde.

Das Seminar war entspannend und anstrengend zu gleich, es gab viel zu erzählen, ich wollte mit allen reden, alles erfahren, alles wissen, und dann war es eine Abwechslung zur Arbeit, später aufstehen, mal wieder zuhören und nicht immer selber reden, das Zusammenarbeiten mit gleichaltrigen.

Insgesamt war das Seminar gelungen und hat Spaß gemacht, die Themen waren interessant, wenn manchmal auch etwas anstrengend. Ein paar mehr Zeilen zum Seminar habe ich noch in meinem zweiten Bericht an den IB geschrieben.

Erst Kamerun-Familie, dann Familie in Kamerun


Direkt im Anschluss des Seminars, am 7.02., sollte mein größter Bruder Fritz mitsamt Freundin Jana und Baby Elli mich besuchen kommen.
Wieder mit unserem „Private Driver“ Doktor Florian machten Laura und ich uns von Douala nach Yaounde auf den Weg, von einer Großstadt zur nächsten.
Am Flughafen wurde noch kurz etwas gesnackt, schon war es Zeit, das Flugzeug landete und wir warteten nur noch auf Fritz, Jana und Elli, Florian wartete auch, aber auf seine Verlobte Mona und die Kinder Juri und Eda.
Mona und Kinder kamen aus der Gepäckhalle, wir freuten uns riesig, kurze Zeit später kam auch Jana mit Elli, wuhu!
Aber wir warteten noch auf die Koffer und warteten und warteten. Auch als der letzte Koffer die Gepäckhalle betrat, Fritz' und Janas waren nicht dabei.

Was für ein nettes Willkommen: 35°C, 100% Luftfeuchtigkeit, keine Koffer, ein schreiendes und schwitzendes Baby. Wir schickten die Mädels ins Hotel, Fritz und ich gaben noch das Fehlen der Koffer auf.

Eine kleine Quizfrage:

Was machst du in einem fremden Land, ohne Koffer, ohne Kleidung, ohne Zahnbürste, ohne Windeln, ohne alles?

Wir fuhren schließlich etwas später ins Hotel, aßen etwas, sahen zu, das es Elli so gut wie möglich geht, kauften endlich noch ein paar Utensilien für die körperliche Pflege. Zum Glück hatten wir Florian und Mona in Yaounde, sie gaben Elli Anziehsachen und sonstiges Babyzubehör.
Wir entschieden uns dann, die Mädels mit Florian nach Bali zu schicken, dort ist es kühler und angenehmer für das Baby, außerdem sind wir dort zu Hause und es ist einfach angenehmer zu Haus. Fritz und ich blieben einen weiteren Tag in Douala, in der Hoffnung, die Koffer kämen am nächsten Tag. Wir wechselten das Hotel, verbrachten einen trotzdem schönen Tag in Douala und: wir bekamen die Koffer am nächsten Tag zur gleichen Zeit!
Am nächsten Tag fuhren wir dann mit unserem Freund dem Fahrer Julius nach Bali und trafen im Haus dann Elli, Jana und Laura wieder. Im Endeffekt ist noch alles gut verlaufen. (Wie ich hörte kamen die Koffer beim Rückflug auch zwei Tage zu spät an, haltet euch von Airfrance und Paris fern!)

Fritz, Jana und Elli in Bali


Gregory bewies mal wieder den guten Freund und Gastgeber und stellte meiner Familie sein Gästehaus zur Verfügung: Wohnzimmer, Küche, Bad und drei Zimmer, dazu meistens fließend Wasser und Elektrizität.
Das Haus steht auf dem Compound von Gregorys Familie, seine Schwestern, Cousinen und Neffen und Nichten wohnen dort. Ein nettes Stück Land, viele aktive Kinder und freundlichen Nachbarn.

Jana, Elli und Fritz. Das Shirt, welches Fritz trägt ist aus dem Stoff von Gregorys Familie gemacht.
Mit Baby ist man leider weniger mobil als ein kleiner Freiwilliger, deshalb reduzierte sich der Besuch meiner Familie auf Alltag in Bali, Kurztrips nach Bamenda, Anschauen der balieigenen Wasserfälle, und dem allabendlichen Bier.
Nach der ersten Hälfte war es berauschend schön ein Stück der Familie wiederzusehen, Baby-Elli ist gut 20 Zentimeter gewachsen (bald ist sie schon 18 Jahre alt, dann gehts ab in den Club), Fritz ist genauso verplant wie eh und jeh, verlor zweimal sein Handy, steht aber jeden morgen um sechs Uhr mit Elli stramm, geht einkaufen und Frühstück machen, mein großer Bruder ist ein toller Vater.
Elli fand das Handy immer wieder.



Die Attraktion in Bali: Ein schnallt sein Kind um und trägt es umher.
Es war einfach zu heiß in Limbe.



Viel erlebt haben wir eigentlich gar nicht, für mich war jedenfalls nicht viel Neues dabei, umso mehr gab es natürlich für Fritz und Jana, besonders aber für Elli. Kaffe wird auf dem Hof getrocknet, Elli stürzt sich ins Kaffeebad und probiert jede Bohne aufs Neue, sieht ganz viele schwarze Babies, schwarze Mamis wollen sie adoptieren, hört aus jeder Richtung „ELLI“, wird angefasst, bestaunt, gestreichelt, gelobt, geklapst, alle Sinne wurden bis zum heulen ausgereizt.
Ganz viele Äffchen im Wildlifepark in Limbe.
Besonders in Gregory hat Elli einen guten Freund gefunden, sobald Gregory über die Türschwelle trat, strahlte Elli, lachte, krabbelte auf ihn zu.
Dann hatte Elli eine Menge Firsts: Das erste Mal Krebs gegessen, das erste Mal Krokodil gegessen, das erste Mal im Meer, das erste Mal in Kamerun/Afrika, das erste Mal dies und das erste mal das.

Youthday, Tag der Jugend

Am 11.Februar ist ein Nationalfeiertag in Kamerun: der Youthday, übersetzt Tag der Jugend. Was wird gefeiert? Die Wiedervereinigung Kameruns, oder die Bilingualität, oder der Präsident, oder sonst was. Aber absolut nicht die Jugend. Der Tag heißt möglicherweiße Youthday, weil die Jugend gezwungen wird zu marschieren. Eine jede Schule, Kindergarten, Organisation, Verein muss sich an diesem Tag präsentieren. Es wird vor einer großen Bühne, vor Politikern und Bürgermeister, vor wichtigen traditionellen Autoritäten, vor wem auch immer marschiert. 
Dazu wurde drei Wochen davor jedem Schultag zwei Stunden abgezogen, weniger Mathe und Englisch unterrichtet, dafür Marschiert, Marschiert, Marschiert. Alle im Gleichschritt zu "I'm marching in,...". 


Ob der Tag so gelungen war? Einigen Kindern hat es Spaß gemacht, den meisten Erwachsenen gefällt der Tag, ich fand ihn leider pervers, man lässt Dreijährige marschieren, und völlig verfehlt.

Wandaful!


Mit Fritz zusammenzusitzen, zu sagen „Wow du bist jetzt hier bei mir in Kamerun“, anzustoßen, über die Familie aber auch Gewohnheiten der Balianer zu lachen, den Sonnenuntergang im Meer zu genießen, einfach Wandaful.

Elli zuzuschauen, wie sie Steht, probiert, krabbelt und entdeckt. Wandaful.

Zusammensitzen, Carcassonne spielen, eine Kanne Kaffee nach dem anderen trinken. Wandaful.

Pizza backen, Schokolade inhalieren, Gummibärchen vernaschen, einfach mal schlemmen. Wandaful.

Ihre letzte Woche verbrachten wir dann noch im Meer, in Limbe, schwarzer Sand, dreißig Grad, Sonne. Wandaful.
Das könnte ein Foto von mir sein, Kamera + Baby-Max = Schlechte Laune

Zuletzt dann Wegbringen am Flughafen, eine herzliche Verabschiedung, eine weitere Träne über meine Wange. Wandaful.

Das was noch übrig bleibt ist ein Danke. Danke, dass ihr mich besucht habt, es war einfach Waaaaandaaaaaful, I quell you!

1 Kommentar:

Unknown hat gesagt…

hurra wir kommen bald...deine Mudda und der liebe Bruda